Zuckerbrot und Peitsche vs. zu lieben was man tut – Intrinsische und extrinsische Motivation
Lange Zeit glaubte man, dass alleine externe Kräfte Einfluss auf die Motivation nehmen können und wir unseren jeweiligen Aufgaben nur nachgehen, weil wir dadurch entweder eine Belohnung erlangen oder eine Bestrafung vermeiden wollen. Aber warum sammeln dann Menschen Briefmarken, reisen um die Welt oder singen im Kirchenchor? Ganz einfach: sie machen es, weil es ihnen Spaß macht oder die Aufgaben sie interessieren. Kurzum, weil die Sache selbst ihnen Freude bereitet.
Intrinsische und extrinsische Motivation
Das Bestreben, etwas um seiner selbst willen zu tun wird als intrinsische Motivation bezeichnet. Dabei handelt es sich um den Prototyp selbstbestimmten Verhaltens, denn solche Aktivitäten werden natürlich und spontan aus reinem Interesse aufgenommen und benötigen keine äußeren Anreize. Die Aktivität an sich ist bereits belohnend. Dies steht im krassen Gegensatz zu extrinsisch motiviertem Verhalten, dass nur deshalb ausgeführt wird, weil man sich einen Vorteil davon verspricht oder einen Nachteil vermeiden möchte. Die Aufgabe an sich interessiert dabei nicht. Wichtig ist nur das Ziel, das damit erreicht wird. Extrinsisch motivierte Handlungen werden also mit instrumenteller Absicht durchgeführt; sie sind lediglich Mittel zum Zweck.
Positive Auswirkungen von intrinsischer Motivation
Ein und derselben Handlung kann also ein unterschiedliches Motiv zugrunde liegen. So kann ich ein Buch verfassen, weil ich gerne schreibe und mir das Entwickeln der Romancharaktere- und Dialoge große Freude bereitet. Ich kann aber auch ein Buch schreiben, weil ich in die Fußstapfen von Joanne K. Rowling treten und reich und berühmt werden möchte. Die Chancen, dieses Ziel zu erreichen sind jedoch paradoxerweise für intrinsisch motivierte Personen größer. Da sich extrinsisch motivierte Personen nicht für die eigentliche Aufgabe sondern nur für das Ziel interessieren, präferieren sie leichte Aufgaben gegenüber herausfordernderen.
Wer eine Sache hingegen um ihrer selbst willen macht, stellt sich bereitwillig neuen Herausforderungen, verbringt gerne viel Zeit mit der Aufgabe und geht völlig darin auf. Dies führt u.a. dazu, dass intrinsisch motiviertes Verhalten mit besserem Lernen, gesteigerter Flexibilität im Denken und besseren Leistungen assoziiert ist. Wer primär durch die Freude an der Arbeit selbst motiviert ist, ist auch kreativer. Weitere Vorteile, die mit intrinsisch motiviertem Verhalten in Verbindung gebracht werden, sind ein höherer Selbstwert und ein gesteigertes Wohlbefinden.
Negative Auswirkungen von Geld, Boni und Strafen
Demzufolge ist es also vorteilhafter für unsere Gesundheit, unser Wohlbefinden und unsere Leistung wenn wir intrinsisch motiviert sind. Die gute Nachricht ist, dass uns diese Motivation angeboren ist und beispielsweise von Kindern in Erkundungsverhalten oder Spielen selbstverständlich gezeigt wird. Die schlechte Nachricht ist allerdings, dass wir dazu neigen, die uns innewohnende intrinsische Motivation zu zerstören, indem wir externe Anreize wie Geld oder andere materielle Boni für die Ausübung einer Tätigkeit schaffen.
Stellt euch einen Maler vor, der jahrelang gemalt hat, weil er die Tätigkeit spannend findet und sie ihm große Freude bereitet. Eines Tages wird jemand auf ihn aufmerksam, eine Ausstellung wird angesetzt und die Presse reißt sich um den neuen Star am Kunsthimmel.
Was zunächst wie ein Traum klingt, kann dazu führen, dass der Maler zukünftig vor allem im Atelier arbeitet, um seine Kunstwerke zu verkaufen oder seinen Ruhm zu steigern. Er gewöhnt sich daran für jedes neue Gemälde einen Preis zu bekommen. Seine primäre Motivation, die Freude am Malen, wurde durch die externen Anreize verdrängt. Sollten die Käufer irgendwann ausbleiben, gibt es für den Maler keinen Grund mehr seiner ursprünglichen Leidenschaft nachzugehen.
Und warum ist das so? Durch den externen Anreiz fühlen wir uns kontrolliert und empfinden uns weniger als den Erzeuger unseres Verhaltens. Das fortgesetzte Interesse an der jeweiligen Tätigkeit wird abhängig vom Versprechen weiterer Belohnungen. Auf diese Weise können Belohnungen aber auch Bedrohungen, Überwachungen, Evaluationen, Deadlines oder Wettbewerbe eine ursprünglich intrinsische in eine extrinsische Motivation umwandeln. Man spricht in diesen Zusammenhang auch von dem Korrumpierungseffekt externer Anreize.
Und was lernen wir daraus?
Am erfolgreichsten, zufriedensten und gesündesten scheinen wir zu sein, wenn wir intrinsische Ziele verfolgen, uns also mit Dingen beschäftigen, für die wir uns um ihrer selbst willen begeistern. Sicher ist es nicht möglich, immer und bei jeder Tätigkeit intrinsisch motiviert zu sein, da wir auch mit Aufgaben konfrontiert werden, die an sich wenig interessant oder herausfordernd sind. Hier kann es also durchaus Sinn machen Motivation über Geld, Prestige oder vergleichbare Anreize zu schaffen. Wir sollten jedoch zusehen, dass wir nicht jegliches natürliches Interesse abtöten, indem wir grundsätzlich und für alles Belohnungen und Bestrafungen erzeugen und damit suggerieren, dass einzig die Erledigung dieser Aufgaben zählt, nicht jedoch die Tätigkeit an sich. Am Ende ist niemanden damit geholfen, roboterartig eine Belohnung nach der nächsten einzusammeln und sich dabei durch all jene Aufgaben zu quälen, die ihm früher vielleicht einmal Freude bereitet haben.
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