Ist die Glücksforschung ein Luxusproblem?
Als ich mich entschieden habe, eine Doktorarbeit im Bereich der Glücksforschung zu verfassen, ist mir von vielen Seiten entgegnet worden, ob es denn nichts Wichtigeres zu erforschen gäbe.
Darin enthalten ist der Vorwurf, dass die Suche nach dem Glück ein Luxusproblem sei und wir weit wichtigere Aufgaben zu lösen hätten, als ein paar Menschen glücklicher zu machen.
Wie wichtig ist die Suche nach dem Glück?
Eine interessante Frage. Am besten hält hier jeder Mal kurz inne und beantwortet die Frage für sich selbst. Wie wichtig ist es dir persönlich glücklich zu sein? Gar nicht wichtig? Spielt nur eine Nebenrolle? Wäre nett, aber muss nicht sein?
Das werden wohl die wenigsten von uns angeben. Studien zeigen, dass die Wichtigkeit von Glück auf der ganzen Welt vergleichbar hoch eingeschätzt wird. Auf einer Skala von 0 (gar nicht wichtig) bis 7 (sehr wichtig), wird fast überall auf der Welt ein Wert zwischen 6 und 7 angegeben (Deutschland liegt hier mit einem Wert von 6 eher am unteren Ende).
Warum also sollten wir etwas, dem kulturübergreifend auf der ganzen Welt eine hohe Priorität zugestanden wird, nicht erforschen? Warum sollten wir eines der größten menschlichen Ziele ignorieren?
Natürlich mag es ethisch gesehen wichtiger sein, zunächst einem depressiven Menschen aus seiner Depression zu verhelfen. Aber genau darum kümmern wir uns ja auch bereits seit einem Jahrhundert.
Wie sinnvoll ist die Suche nach dem Glück?
Bliebe es nur bei der Frage, wie wichtig das Thema Glück für uns Menschen ist, könnten wir über den Zeitpunkt streiten, wann man sich der Erforschung dieser Seiten des Menschseins zuwenden sollte.
Es ist aber nicht nur die hohe Priorität des Themas, die es rechtfertigt in diesem Bereich zu forschen. Es gibt einen weiteren, absolut entscheidenden Grund, der jegliche Vorurteile im Ansatz ersticken lässt.
Glück macht nicht nur glücklich, sondern auch gesund, leistungsfähig, hilfsbereit, widerstandsfähig und und und… Glückliche Menschen haben ein stärkeres Immunsystem, erholen sich schneller von Krankheiten, sind produktiver, kreativer, betätigen sich eher ehrenamtlich… Kurzum: sie haben all das, was ein Mensch für sich selbst anstrebt und tun all das, was Regierungen sich für ihre Bürger erhoffen.
Hätten wir uns von Anfang an um das Glück der Menschen gekümmert, wäre der Depressive dann überhaupt depressiv geworden? Möglich ist es, aber Studien zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit dafür rapide sinkt, wenn wir über ein hohes psychisches Wohlbefinden verfügen. Wenn wir uns also von vorne herein darum kümmern würden, dass wir glücklich sind, könnten wir der stetigen Zunahme von Depressionen, Angststörungen und Burn-Outs entgegenwirken.
Und was lernen wir daraus?
Ist Glück ein Luxusproblem? Absolut nicht. Es gibt kaum etwas, dass uns präventiv so weitreichend gegen Krankheiten und psychische Leiden stärken kann wie ein hohes Wohlbefinden. Natürlich ist die Suche nach dem Glück nicht unser einziges Problem. Aber deshalb gibt es ja weiterhin Menschen, die sich um sauberes Wasser, gute Bildung, Menschenrechte, tödliche Krankheiten, Gleichberechtigung und Sicherheit kümmern.
Anti-Raucher- oder Hautkrebs-Kampagnen wurden anfangs auch belächelt. Aber heute würde kaum jemand mehr ihre Wichtigkeit anzweifeln. Denn der Zusammenhang zwischen Rauchen oder Sonnenstrahlung und Krebs ist inzwischen jedem bekannt.
Ich bin der festen Überzeugung, dass es sich mit dem Glück ähnlich verhalten wird. Wenn wir die Zusammenhänge verstanden haben (und das setzt ihre Erforschung voraus), und die ersten Maßnahmen erfolgreich durchgeführt wurden, dann wird keiner mehr anzweifeln, dass Glück kein Luxusproblem sondern eine unausweichliche Notwendigkeit ist.
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