Bruttonationalglück für Alle?
Glück und Politik. Zwei Wörter, die auf den ersten Blick nicht viel gemein haben. Doch das haben sie und sollten sie auch.
Was hat Politik mit Glück zu tun?
Mehr als man denkt. Das Streben nach Glück stand schon häufiger im Fokus politischen Handelns. Man denke nur an die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika.
Was Regierungen tun oder nicht hat durchaus Einfluss auf die Bürger eines Landes. Dabei geht es nicht darum, unser Glück vollends in die Hände der Politiker zu geben. Davon würde ich im höchsten Maße abraten 🙂 Aber staatliches Handeln kann die Faktoren des Glücklichseins sehr wohl beeinflussen, indem es Bedingungen schafft, unter denen Menschen leichter aufblühen können und so die Lebensqualität der Bürger verbessert.
Einige Länder haben diese Notwendigkeit bereits erkannt. Das Königreich Bhutan beispielsweise hat sich schon vor vielen Jahren dazu verpflichtet, dass nationale „Bruttoinlandsglück“ des Landes zu maximieren. Dazu wurde eine Kommission unter dem Vorsitz des Premierministers eingerichtet, die alle politischen Vorschläge der Ministerien im Hinblick darauf bewertet, ob sie mit dem Ziel der Förderung des Bruttoinlandsglücks übereinstimmen. Ohne die Zustimmung dieser Kommission kann keine Maßnahme umgesetzt werden. So wird sichergestellt, dass das gesamte politische Handeln darauf abgestimmt ist, dass Wohlergehen der Bevölkerung zu mehren.
„Man benötigt nicht viel Intelligenz, um einzusehen, dass das endlose Streben nach materiellem Wohlstand in einer Welt mit begrenzten Ressourcen nicht nachhaltig ist“ (Jigme Thinley, der ehemalige bhutanische Ministerpräsident auf dem UN-Millenniumsgipfel in New York).
Was können Regierungen tun?
Die Erkenntnisse der modernen Glücksforschung zeigen den Weg an. Psychologen, Soziologen und Ökonomen ermitteln, welche Bedingungen die Lebensqualität der Menschen steigern und welche dem Wohlergehen der Menschen im Wege stehen. Die Politik kann diese Vorschläge aufgreifen und entsprechende Maßnahmen initiieren, verbessern oder abändern.
Im Vordergrund stehen Faktoren wie:
- Politische Stabilität und Rechtsstaatlichkeit
- Ein funktionierendes und gerechtes Gesundheitssystem
- Zugang zu Arbeit sowie stabile Beschäftigungsverhältnisse
- Gesellschaftliche und politische Teilhabemöglichkeiten
- Eine sichere und saubere Umwelt
- Lebenswerte Städte
Glück als Wohlstandsindikator (Bruttonationalglück)
Es geht darum, einen neuen Fortschrittsindikator jenseits des Bruttoinlandprodukts (BIP) zu ermitteln. Das Bruttoinlandsprodukt stellt die Summe aller produzierten Güter und Dienstleistungen einer Volkswirtschaft dar. Aber als alleiniger Index dafür, wie gut es einem Land geht, ist es unbrauchbar. Ein Beispiel: Wenn Autofahrer im Stau stehen steigt das BIP, weil sie mehr Sprit verbrauchten. Läuft ein Öltanker aus, fließen die Reinigungsarbeiten in das BIP ein. Das BIP steigt also, das Wohlergehen der Bürger jedoch keineswegs.
In den letzten Jahren haben immer mehr Länder verstanden, dass das Bruttoinlandsprodukt allein nicht das geeignete Mittel ist, um das Wohlbefinden der Bevölkerung zu beschreiben.
„Das Bruttoinlandsprodukt misst alles, nur nicht das, was das Leben lebenswert macht.“ (Robert Kennedy, 1968)
Der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy rief bereits 2008 eine Kommission ein, deren Ziel darin bestand, neue Indikatoren für eine sinnvolle Messung des Wohlstandes zu erörtern. Die Kommission machte zwölf Vorschläge zur Reform, sah u.a. vor, das Wohlbefinden Einzelner sowie die Umweltverträglichkeit des Wachstums mit einzubeziehen.
Auch Kanada (Canadian Index of Well-Being (CIW)), Großbritannien (Measuring National Well-Being Programme (MNWB)), und die USA (Gallup-Healthways Well-Being Index) haben bereits Initiativen zur Vermessung des nationalen Wohlergehens gegründet. Sie beinhalten u.a. Informationen über den Lebensstandard, die Gesundheit der Bürger, die Qualität der Umwelt, das Bildungs- und Qualifikationsniveau, Jobzufriedenheit, Zeitnutzung, Gemeindeleben, Beteiligung am demokratischen Prozess und den Zustand von Kunst, Kultur und Erholung.
Geebnet wurde dieser Prozess u.a. auch durch eine von der UN-Generalversammlung verabschiedete Resolution, die das Streben nach Glück als grundlegendes menschliches Ziel anerkennt und festhält, dass dieses Ziel nicht durch das BIP wiedergegeben wird. Sie ermutigte ihre Mitgliedsstaaten daher Messgrößen zu entwickeln, die das Ziel des Glücks besser abbilden.
Enquete-Kommission: „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“
Im Jahr 2011 hat sich schließlich auch im Deutschen Bundestag eine Enquete-Kommission gebildet um nach einem ganzheitlichen Wohlstands- und Fortschrittsindikator zu suchen. Ziel war neben dem Wirtschaftswachstum auch ökologische, soziale und kulturelle Kriterien darin mit einzubeziehen. Im Juni 2013 hat die Kommission mit der Bezeichnung „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ ihren Abschlussbericht vorgelegt. Die darin vorgebrachten Empfehlungen, bspw. die Entwicklung eines Jahreswohlstandsbericht, in den Indikatoren wie Umwelt, Klima und Soziales, sowie Qualität der Arbeit und Rechtstaatlichkeit einfließen, sollen nun in konkrete Gesetze umgewandelt werden.
Und was lernen wir daraus?
Immer mehr Länder haben in den letzten Jahren verstanden, dass der alleinige Fokus auf dem Wirtschaftswachstum kein geeignetes Maß darstellt, um das Wohlergehen der Bürger eines Landes zu beschreiben. Eine wachsende internationale Bewegung hat damit begonnen, das Bruttoinlandsprodukt durch andere Indikatoren zu ersetzen, die eher in der Lage sind Auskunft darüber zu geben, wie es um die Lebensqualität in einem Land beschaffen ist.
Auf ihrer Suche greifen die Politiker auf die Ergebnisse der Glücksforschung zurück. Und auch wenn sich vieles noch im Aufbau befindet, lässt die Entwicklung doch hoffen, dass wir eines Tages Regierungsmaßnahmen auch im Hinblick darauf prüfen können, ob sie einen tatsächlichen Effekt auf die Lebenszufriedenheit der Menschen ausüben. Und davon können wir alle profitieren.
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Posted at 10:29h, 11 Dezember[…] Und in der Tat ist diese Vorgehensweise in den letzten Jahren immer beliebter geworden. Viele Länder haben damit begonnen, das Wohlbefinden Ihrer Bürger regelmäßig zu erheben und bieten somit u.a. auch den Regierungen hilfreiche Einblicke in das Befinden der Bürger. […]
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Posted at 10:01h, 20 März[…] Der 20. März ist der internationale Tag des Glücks. So haben es zumindest die Vereinten Nationen festgelegt. Gefeiert wurde der Glückstag zum ersten Mal im Jahr 2013, um ein Zeichen dafür zu setzen, dass inzwischen alle 193 Mitgliedsstaaten der UN Glück als zentrales menschliches Ziel anerkannt haben. […]
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Natalie v.Maydell
Posted at 13:30h, 19 OktoberDanke, es ist eben nicht nur Privatsache, sondern ein gemeinsames gesellschaftliches Leben…
Mir kann es nicht alleine gut gehen, wenn rundherum „die Welt anders aussieht“!
Ich bleibe optimistisch, ich suche ebenfalls Menschen mit Engagement und vor allem Visionen für die heilsame und glückliche Zukunft
Glücksdetektiv
Posted at 16:32h, 19 OktoberIch wünsche dir viel Erfolg und Freude bei der Suche. Engagierte Menschen gibt es ja genug…
Grüße, Katharina