Bist auch du ein Opfer vom Optimierungswahn?
Ich habe ein Problem: Ich fühle mich schlecht, wenn ich unproduktiv bin und meinen Tagesplan nicht einhalte. Kein Wunder. Aber wann haben wir eigentlich gelernt immerzu funktionieren zu müssen und unsere Leben bis zum geht nicht mehr zu perfektionieren? Wann haben wir verlernt, wirklich zu leben?
Das perfektionierte Leben
„So steigerst du deine Produktivität“; „Effektiver arbeiten mit diesem einfachen Trick“; „Raus aus dem Motivationstief“…
Das Internet ist voll von gut gemeinten Tipps und Ratschlägen, um das Beste aus sich und seinem Leben herauszuholen. Wir wissen heutzutage ganz genau, wie wir uns ernähren müssen, um gesund zu bleiben und wie viel Sport wir treiben müssen um lange zu leben, aber unsere Gelenke nicht zu verschleißen.
Wir feilen an unseren makellosen Lebensläufen und erlauben uns ja keine Fehler, die einen Kratzer in unsere perfekte Fassade reißen könnten.
Bei vielen Menschen läuft der Tag in immer gleicher Weise ab. Sie stehen früh auf (weil erfolgreiche Menschen angeblich Frühaufsteher sind), und starten dann ein perfekt synchronisiertes Morgenritual bestehend aus Meditation, Frühsport und püriertem Blattgemüse.
Auch der Rest des Tages wird minutiös durchgeplant und effizient ausgenutzt. Auf den Tisch kommen, wenn überhaupt, Sahne ohne Fett und Bier ohne Alkohol.
Was wir da sehen ist eine dauerhafte Mäßigung. Rauschzustände oder Exzesse bleiben völlig auf der Strecke. So wie all die kleinen Glücksmomente und Albernheiten, die das Leben ausmachen.
Keiner fragt mehr, wofür man lebt. Alle wollen nur noch wissen, wie man möglichst lange lebt.
Es ist ein bisschen wie in dem Film mit Bruce Willis*, in dem die Menschen der Zukunft sich in ihren Häusern verkriechen, während sie ihre perfekten Abbilder von sich selbst, ihre Surrogates, in die Außenwelt schicken. Auch wir werden mehr und mehr zu solchen Surrogates:
Effizient, schlank, schön, erfolgreich, in jeder denkbaren Art und Weise optimiert.
Ein Leben ohne Genuss
Aber ist das noch das wahre Leben?
Braucht der Mensch nicht auch ein bisschen Aufregung und Abenteuer? Macht unsere Spontanität uns nicht besonders? Machen uns unsere Fehler denn nicht liebenswert und unsere Schwächen nicht menschlich?
„Wir dürfen niemals vergessen: Unsere vornehmste Aufgabe ist es zu leben.“ – Michel de Montaigne
Was haben wir davon, wenn wir zwar super produktiv und effizient sind, aber die Freude am Leben und unsere Sorglosigkeit dabei völlig auf der Strecke bleiben?
Eine Meinungsumfrage des Instituts Rheingold Salon hat kürzlich ergeben, dass 81% aller befragten Deutschen der Meinung sind, sie müssten sich Genuss durch zuvor erbrachte Leistungen verdienen. Als wäre es nicht in Ordnung, einfach so etwas Gutes zu erleben…
Nützlich zu sein ist zur Maxime geworden. Jederzeit ein produktives Mitglied der Gesellschaft…
Schluss mit dem Optimierungswahn
Aber am Ende des Lebens, bewerten wir unser Leben da nach der Anzahl der produktiven Stunden oder nach den Momenten, in denen wir uns lebendig gefühlt haben?
Was heißt denn Leben, wenn nicht Dinge ausprobieren, experimentieren, spontan sein, sich hinzugeben, zu übertreiben, hinzufallen, wieder aufzustehen, Neues zu wagen, Herausforderungen anzunehmen, ausgelassen zu sein, zu toben, zu lachen, zu schreien und zu tanzen?
Wenn wir ständig darum bemüht sind, Fehler peinlichst zu vermeiden und uns in jeder Lebenslage von unserer besten Seite zu zeigen, vergessen wir dann nicht vielleicht, dass gerade die Missgeschicke und Abenteuer am meisten Spaß machen?
Die spannendsten Geschichten deines Lebens, die lustigsten Anekdoten und die schönsten Momente…. sind die im Rahmen deiner gut durchdachten Zeitpläne und optimierten Tagesabläufe geschehen?
Wohl kaum…
Aber natürlich ist das nur eine Seite der Medaille. Wir können nicht immer verrückt und spontan sein. Wer würde sonst unsere Arbeit machen, die Einkäufe erledigen oder die Wäsche waschen. Wir müssen auch Verantwortung übernehmen. Umso mehr, wenn wir Kinder haben.
Die Frage ist also: wie bringen wir die beiden Leben zusammen? Wie können wir produktiv, erfolgreich, gesund, fit und effizient sein und gleichzeitig ausgelassen, wild, spontan und genussfreudig?
Wahrscheinlich sollte man die beiden Arten zu leben häufiger mal abwechseln. So wie es den Cheat-Day bei Diäten gibt, an dem man auch ungesündere Nahrungsmittel zu sich nehmen darf, den Cheat-Day der Produktivität einführen.
Ein Tag, an dem man alles nicht so bitter ernst nimmt und die kohlehydratreduzierte Ernährung durch einen kräftigen Teller Spaghetti ersetzt.
Ein bisschen fühle ich mich grade wie das Känguru in Marc-Uwe Klings Känguru-Manifest*, das dazu aufruft, das Ministerium für Produktivität zu boykottieren. Aber ein bisschen ist das auch so.
Ich möchte auch mal einen Tag nur in der Hängematte liegen und mir Gedanken über Gott und die Welt machen. Und – und das ist das allerwichtigste dabei – ich möchte mich nicht gleich deswegen schlecht fühlen.
Ich finde, wir alle haben ein Recht auf einen schuldfreien Hängemattentag.
Und ich glaube, meiner ist heute 🙂
Also sch*** auf den Zeitplan und die immer gleichen Predigten der Effizienzjünger. Für den Rest des Tages mach ich einfach, was ich will. Und wisst ihr was? ICH WERDE ES GENIEßEN!
Was möchtest du gerne mal so richtig genießen und hast es dir bisher nie erlaubt? Vom feinen Porzellan speisen? Im Regen tanzen? Den ganzen Kuchen alleine aufessen?
Ich bin gespannt auf deine Kommentare…
in
Peter Reitz
Posted at 14:49h, 10 NovemberEin Hoch auf die Spontanität und das Leben! 🙂
http://www.youtube.com/watch?v=k9EYjn5f_nE
Katharina Tempel
Posted at 19:41h, 18 NovemberGenau 🙂
Pingback:Wie du das Leben genießen lernst - Glücksdetektiv
Posted at 10:06h, 02 März[…] den ganzen Optimierungswahn, die perfekt modellierten Lebensläufe, die Ernährungsempfehlungen an jeder Ecke und den Druck, […]
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Posted at 18:21h, 24 Juni[…] Kuchen backen, jenes Geschenk besorgen und dann auch noch die Wäsche aus der Reinigung holen. Wir erledigen alles, was andere von uns erwarten oder benötigen, aber uns selbst schreiben wir nie auf die To Do […]
Julia
Posted at 11:25h, 10 NovemberIch hatte vergangene Woche Urlaub, mein Plan war den Keller aufzuräumen. Da jedoch die ganze Woche strahlender Sonnenschein war, habe ich den Keller Keller sein lassen. Belohnt wurde ich dafür mit einem sehr schlechten Gewissen…dem habe ich dann die Zunge rausgesteckt;)
Toller Artikel!!!
Grüße
Julia
Glücksdetektiv
Posted at 15:52h, 10 NovemberDas freut mich Julia 🙂
Manchmal muss man einfach alle fünfe gerade sein lassen und dafür hast du eine Woche lang Sonne getankt!
LG zurück,
Katharina
Antje
Posted at 10:00h, 30 MärzYeah liebe Katharina und ein dreimal Haleluja. Alles brauch Balance im Leben und jeder entscheidet für sich selbst . Auch hier ist das entscheidende wieder die Selbstverantwortung und dann mit einem fetten Grinsen rein ins Vergnügen oder auf die Gartenliege (während andere schuften.. LG Antje
Glücksdetektiv
Posted at 21:55h, 06 AprilLiebe Antje,
ein schönes Bild 🙂
Und das fette Grinsen sollte jegliche Schuldgefühle im Keim ersticken…
LG, Katharina
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Martin
Posted at 20:22h, 26 Julihallo Katharina ich habe mere porobleme ich habe ne blokade in mir zeit ich auf göhört habe in der arbeit zeit zu zeichnen und zu miditiren in arbeit zeit und were ich mich selbs zu sein nerve mich nur füle mich halp tot sytome anduernd alptrüpme vor zumbies immer müde inerlich leer weill ich nich erlich bin ich bin in breite gegangen und trege ängstlich ich komme nicht in die mitte wo auch meine energy ist und spile eine rolle die ich die ich nicht sein will ich habe mich selbs isoliert und dan auch noch der virus und dise schmertzen und alptreüme immer müde hass immer nur arbeit das gefül ich nicht selbs zu sein energy los zu sein und das gefül irgent was fellt allso woher kommen die ängste von innen oder von ausen will was an gesehen werden was ich unter drückt habe wen ja wie stelle ich mich auf zu hören eine angst vor mir zu haben kan man sachen rückgängig gemacht werden die frage ist habe ich mich abgespaltet und getrent was ein teil vor mir war
Katharina Tempel
Posted at 19:33h, 17 AugustHallo,
wenn wir uns so leer, müde, schlapp und hoffnungslos fühlen, fehlt oft der Sinn in unserem Leben. Das muss aber gar nichts großes sein. Eine Arbeit, die dich interessiert, ein Mensch, für den du da sein möchtest, ein Hobby, das dir Freude bereitet… all diese Dinge können uns Sinn geben und unser Leben erfüllen.
Alles Liebe für dich,
Katharina